PV - Überlegungen - Planung - Umsetzung

 

Wer sich eine PV-Anlage machen lässt, muss laut Aussage mehrerer örtlicher Unternehmen - Stand 2023 - mit einer Wartezeit von ca. einem Jahr rechnen. Mitunter aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, die Anlage selbst aufs Dach zu montieren. Im Zuge des Vorhabens habe ich mich sehr intensiv in die Thematik eingelesen und die Theorie in die Praxis umgesetzt. 

Balkonkraftwerk vs. PV-Anlage

Die niedrigen Kosten eines Balkonkraftwerks führen zwar zu einer schnellen Amortisation, dennoch kann ein Balkonkraftwerk in der Regel den Stromverbrauch über das Jahr gesehen nur zu einem kleinen Teil senken: anders bei einer größeren PV-Anlage. Eine PV-Anlage auf dem eigenen Hausdach kostet zwar ungleich mehr, liefert aber auch wesentlich mehr. Auch wenn sich ein Balkonkraftwerk wahrscheinlich schneller amortisiert, sollte sich eine PV-Anlage am Hausdach, zwar etwas später, aber dennoch innerhalb deren Laufzeit abbezahlen. Wie schnell die Rechnung aufgeht, ist von der Umsetzung und anderen Faktoren abhängig: Welche Komponenten verbaut werden, wie viel an der Anlage selbst gemacht werden kann, wie hoch die Förderung ausfällt und nicht zuletzt vom Stromverbrauch und der Entwicklung des Strompreises. So unbürokratisch die Meldung eines Balkonkraftwerks in Österreich ist, umso mehr schlägt die Bürokratie bei einer größeren genehmigungspflichtigen Anlage zu, speziell bei der Inanspruchnahme von Förderungen. 

Was wird für eine PV-Anlage benötigt?

  • Wechselrichter
  • PV-Panels
  • Montagematerial und Kabel
  • Für Balkonkraftwerke bis 600 Watt (Deutschland) / 800 Watt (Österreich)
    • Meldung beim Stromanbieter (zumindest in Österreich)
    • Schuko-Steckdose
  • Anlagen größer 600 Watt (DE) / 800 Watt (AT) 
    • Einspeisegenehmigung
    • Beim Verkauf der überschüssigen Energie einen Vertrag mit einem Energieabnehmer (zumindest in Österreich)
    • Eigene Anbindung Sicherungsautomaten im Hauptverteilerschrank (FI,LS)
    • Eigene Verkabelung vom Hauptverteilerschrank zum Wechselrichter
    • Überspannungsableiter: Zwischen PV-Panels und Wechselrichter, sowie AC-Seitig im Hauptverteilerschrank
    • Meldung beim und Abnahme durch den Energieanbieter (zumindest in Österreich)

Lessens Learned

Mehrere Strings: Panels in Serie ...

Beim Einsatz mehrere Panels werden diese in der Regel in sogenannten Strings in Serie zusammengeschalten, ähnlich einer Serienschaltung von Batterien. Mehrere Batterien oder in diesem Fall Panels in Serie erhöhen die Spannung bei gleichbleibendem Strom. Wer sich ein klein wenig mit Elektrotechnik beschäftigt hat, wird wissen, dass es seitens Leitungsquerschnitt bei einer Serienschaltung nicht relevant ist, wie viel Panels in einem String zusammengeschlossen werden, da sich der Strom nicht ändert. Für die Zuleitungen zu den Panels wird meist ein 6mm² Kabel verwendet, die Panels selbst sind meist mit einem 4mm² Kabel versehen.

Süd oder alternativ Ost-West Ausrichtung?

Die PV-Panels eines Strings sollten nach Möglichkeit im gleichen Winkel Richtung Sonne ausgerichtet werden. Am meisten Ertrag liefern diese in Mitteleuropa bei einer ca. 30° Ausrichtung in Richtung Süden. In Summe etwas weniger Leistung, dafür aber besser über den Tag verteilt, liefern PV Panels auf zwei Dachflächen mit Ost-West-Ausrichtung. Um zwei unterschiedlich ausgerichtete Strings bedienen zu können, besitzen die meisten Wechselrichter zwei MPP-Tracker, welche unabhängig voneinander arbeiten, ähnlich dem Einsatz von zwei getrennten Wechselrichtern. 

Pi mal Daumen Dimensionierung: Peak Leistung: 1 kWp = ca. 1000 kWh / Jahr 

Für die grobe Dimensionierung ist es in Mitteleuropa gängige Praxis, den jährlichen Stromverbrauch / 1000 als Basis für die Dimensionierung der Anlage heranzuziehen. Als konkretes Beispiel würde eine 10kWp-Anlage in einem Jahr in etwa 10.000 kWh (10MWh) an Strom produzieren. Das Problem an dieser Rechnung ist der Zeitpunkt: Im Sommer wird unter Tags in der Regel ein Stromüberschuss produziert, Nachts oder im Winter reicht die Leistung nicht aus. Zum einen, weil die Tage im Winter kürzer sind, zum anderen, da der Stromverbrauch im Winter überwiegend höher ist: speziell, wenn eine Wärmepumpe oder andere Stromheizung im Einsatz ist. Ein entsprechend dimensionierter Batteriespeicher wirkt dem entgegen und steigert den Eigenverbrauch wesentlich, da die über den Tag gesammelte überschüssige Energie in der Nacht konsumiert werden kann.  

Peak Leistung: eher selten?

Durch meine Tests mit einem Balkonkraftwerk ist mir klar geworden, dass die maximal mögliche Peak-Leistung sehr selten erreicht wird: Speziell, wenn der Winkel zur Sonne nicht perfekt passt, oder es zu heiß ist. Nachdem das Dach meines Hauses nicht südseitig ausgerichtet ist, sondern Ost-West mit einer Dachneigung von 33°, wird die jeweilige Peak-Leistung vom Ost- und West-String niemals gleichzeitig erreicht.

Ost-West-Ausrichtung: Mehr Modulleistung als der Wechselrichter verarbeiten kann?

Angenommen, der jährliche Stromverbrauch meines Haushalts liegt - wohlgemerkt inklusive Heizung - bei 10-14MW, dient dieser Wert als Basis für eine grobe Dimensionierung. Auf die Gefahr hin, dass der Wechselrichter hin und wieder sein Maximum erreicht, habe ich auf Basis der zuvor erwähnten Pi mal Daumen Rechnung für den Wechselrichter 10 kWp und für die PV-Panels 15kWp Modulleistung eingeplant: 7,5 kWp für Ost und 7,5kWp für West. An dieser Stelle sollte natürlich ein Blick auf das Datenblatt des Wechselrichters geworfen werden, speziell auf die maximal mögliche DC-Leistung. Damit ist das Setup in der Lage, bei Sonnenschein von morgens bis abends Strom zu produzieren, möglichst lange und möglichst oft nahe an den 10kWp. Die 10kWp sind gleichzeitig die Engpassleistung, also die Leistung, die durch das leistungsschwächste Teil begrenzt wird, bei meinem Setup: der Wechselrichter.

Hier ein Beispiel eines sonnigen Tages im Juli: Die beiden Dachhälften: Ost- und West wechseln sich mit der Produktion ab. Bei starker Bewölkung liefern die beiden Dachseiten weniger, dann aber in etwa gleich viel, zu erkennen ab ca. 18:00 Uhr: Bei starker Bewölkung zählt also mehr die vorhandene PV-Fläche und weniger deren Ausrichtung.

Legende: grün: Gesamtleistung | gelb: Leistung Dachseite Ost | orange: Leistung Dachseite West

Dadurch, dass ich die Modulleistung größer dimensioniert habe als der Wechselrichter verarbeiten kann, stößt dieser bei strahlendem Sonnenschein und über die Mittagsstunden gerade im Sommer hin und wieder an sein Limit. Etwas genauer betrachtet ist das Verhalten nicht weiter schlimm, zumal der mögliche Ertrag über 10kWp zeitlich sehr begrenzt ist und die Peak-Leistung über 10kW prozentual sehr wenig am Gesamtertrag beiträgt. Angenommen der Peak, der vom Wechselrichter nicht mehr bedient werden kann, würde 3 Stunden andauern und bis maximal 12kW gehen, würden in etwa 4 KW verloren gehen: Bei ca. 90 kWh Tagesproduktion entspricht der Verlust an diesem Tag gerade mal ca. 4 %, zudem sind diese Tage in unseren Breiten sehr selten. Außerdem erreiche ich einen momentanen Haushaltsverbrauch von über 10kW in der Praxis so gut wie nie: auch nicht, wenn mehrere stromhungrige Geräte, wie die Wärmepumpe, das Backrohr, die Waschmaschine oder der Trockner gleichzeitig laufen sollten. Stelle ich die Mehrkosten für einen größeren oder zweiten Wechselrichter, mit dem möglichen Mehrertrag gegenüber, denke ich, liege ich mit der Dimensionierung der Modulleistung nicht allzu falsch. Nicht zuletzt, da die zusätzliche Modulleistung in puncto Eigenverbrauch einen sehr positiven Effekt hat, indem der Ertrag - gerade bei nicht optimalen Lichtverhältnissen - maximal hoch ist: dann wenn jedes Kilowatt zählt.

Die Auswahl der PV-Panels: Spannung vs. Strom

Die Auswahl des Wechselrichters sollte unbedingt mit den Spannungs- und Stromwerten der PV-Panels abgestimmt werden, da diese ansonsten eventuell nicht die volle Leistung liefern können oder im Worst Case den Wechselrichter überfordern und dieser dadurch den Dienst verweigert. Speziell tiefe Temperaturen im Winter könnten die Anlage an ihre Grenzen bringen.  Warum das so ist, kläre ich in dem folgenden Artikel: Die Auswahl der PV-Panels: Spannung vs. Strom

Benötige ich bei einer Teilbeschattung Leistungsoptimierer?

Die knappe Antwort auf diese Frage ist: "ich glaube nicht". Warum eventuell nicht, siehe: MPP und der Schatten: Leistungsoptimierer vs Dynamic Peak vs. Mikrowechselrichter

Die Auswahl des Wechselrichters 

Um den Eigenverbrauch mit einem Akku erhöhen zu können, habe ich mich primär nach Hybrid-Wechselrichtern umgesehen. Die österreichische "Wechselrichterliste TOR Erzeuger Typ A" schränkt die Auswahl an zugelassenen Hybrid-Wechselrichtern für 10kWP auf einige wenige Anbieter ein. Nachdem mein Hausdach tagsüber nicht verschattet ist, erledigt sich für mich die Überlegung, ob der Einsatz von Leistungsoptimierern Sinn ergibt. Auch der Einsatz von Mikrowechelrichtern lohnt sich in meinem Fall nicht wirklich, da ein zentraler Wechselrichter wesentlich günstiger und besser für einen Batteriebetrieb geeignet ist. Schlussendlich tendierte ich zwischen dem Huawei SUN2000 10KTL und dem Fronius Gen24 10kW, letzterer war mir von Anfang an sympathischer, vermutlich auch, da es sich bei Fronius um einen österreichischen Hersteller handelt. Die einfache Möglichkeit eine Notstromsteckdose zu implementieren, ist einer der wesentlichen Vorteile des Gen24, dagegen sprach lange dessen Preis und Verfügbarkeit. Die Situation hat sich in der Zwischenzeit aber beruhigt.

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Umbau - Erweitern des Verteilerschranks

Entspricht der Verteilerschrank dem Stand der Technik, benötigt die PV-Anlage in der Regel nur einen zusätzlichen FI und Leistungsschutzschalter. Da die meisten Wechselrichter bereits einen Typ B- FI verbaut haben, reicht im Zählerschrank normalerweise ein billigerer Typ A FI. Die Details stehen beim Einsatz des Fronius Gen24 in dessen Bedienungsanleitung. Die Kabellänge vom Zählerschrank zum Wechselrichter sollte zumindest in Österreich 10 Meter nicht überschreiten, da ansonsten der im Vorzählerfeld verbaute Überspannungsschutz nicht ausreicht und ein zusätzlicher Überspannungsableiter verbaut werden muss.

Ich hatte für die Wärmepumpe noch einen eigenen Stromzähler im Einsatz, was für den Betrieb einer PV-Anlage mit Überschusseinspeisung nicht ideal ist, da der selbst produzierte Strom mit nur einem Zähler besser genutzt werden kann. Aus diesem Grund hab ich gleichzeitig mit der Inbetriebnahme der PV-Anlage den zweiten Zähler still gelegt. Details zum Umbau, siehe: Fronius Gen24 Inbetriebnahme. Zudem habe ich Relais für das Steuern der Heizung verbaut, siehe: Heizung mit Home Assistant steuern

Verkabelung vom Wechselrichter zu den PV-Modulen

Sollte kein Blitzableiter vorhanden sein, reicht es In Österreich möglichst nahe am Dacheintritt einen Anschlusskasten (GAK) mit enthaltenem Überspannungsableiter vom Typ 2 einzubauen. Die DC-Kabel der PV-Strings werden mit 4 mm² oder besser 6mm² Kabel mit dem GAK verbunden und vom GAK geht es mit 2 x 6 mm² Kabel pro String zum Wechselrichter. An dieser Stelle sollten 10 Meter nicht überschritten werden, da ansonsten im oder vor dem Wechselrichter erneut ein Überspannungsableiter verbaut werden muss. Zudem müssen die Gleichstromkabel in Österreich laut R11-1 einem festen Mauerwerk oder / und in einem Metallrohr geführt werden. Das Metallrohr führt dann bis zum Dachaustritt zu den PV-Panels.

Montage der Module

Beim Dach meines Hauses handelt es sich um ein Satteldach mit einfachen Dachziegeln. Damit ich die Ziegel nicht ausschneiden muss und langfristig keinen Ziegelbruch riskiere, habe ich mich für SL-Rack Alpha Ersatzziegel entschieden. Die Montage selbst wird in zahlreichen YouTube-Videos gezeigt und sollte in wenigen Tagen erledigt werden können. Für die Planung inkl. Statik und fertiger Materialliste unterstützt das SL-Rack Pro Tool

Die wahrscheinlich größte Herausforderung war dann die PV-Panels aufs Dach zu bringen. Nachdem meine Module mit 19,7 kg zwar auch unhandlich, aber dennoch zu den leichteren und kleineren Modellen zählen, konnte ich sie per Hand über die angrenzende Garage hochziehen.

 

Nach der Montage habe ich die Kabel der PV-Panels mit UV-beständigen Kabelbindern an den Schienen befestigt, damit diese das Dach nicht berühren und nicht in Gefahr laufen im Laufe der Zeit Schaden zu nehmen.

Fazit

Abhängig von den Gegebenheiten, den eigenen Skills und Möglichkeiten kann bei der Umsetzung einer PV-Anlage durchaus relativ viel selbst gemacht werden. Zur groben Dimensionierung meiner Anlage habe ich, neben der Faustregel:  kWp * 1000, die Dachausrichtung: Ost-West einfließen lassen und die Modulleistung entsprechend größer festgelegt, sowie die Spannungs- und Stromwerte der PV-Panels und des Wechselrichters kontrolliert. Da die Anlage noch kein volles Jahr in Betrieb ist, fehlen mir noch Praxis-Werte. Sollte ich neue Erkenntnisse erlangen, werde ich den Artikel entsprechend anpassen ...

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Aktualisiert: 27.04.2024 von Bernhard | Translation English |🔔 | Kommentare:0

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